Zwischen Runner’s High und Motivationskrise: Die Wahrheit über den Laufeinstieg

Zwischen Runner’s High und Motivationskrise:  Die Wahrheit über den Laufeinstieg

Hinweis: Dies ist einer von insgesamt zehn inspirierenden Gastartikeln aus Ein gutes Ziel. Danke Euch Mandy und Carina, für Euren schönen Artikel!

Zwischen Runner’s High und Motivationskrise: Die Wahrheit über den Laufeinstieg

Von Von Mandy Jochmann und Carina Stöwe

Du schnürst deine Laufschuhe, überprüfst ein letztes Mal die Einstellungen an deiner Pulsuhr, trittst vor die Haustür und läufst los. Geschmeidig setzt du einen Fuß vor den anderen. Das geschieht an diesem Morgen fast wie von selbst. Obwohl die Luft noch eisig kalt ist, atmest du problemlos ein und aus. Es ist sechs Uhr, und nur wenige Menschen sind unterwegs. Du schmunzelst. Hätte dir jemand vor einem halben Jahr erzählt, dass du so frühmorgens schon laufen gehen würdest, hättest du ihn für verrückt erklärt. Die Strecke wird länger, Kilometer um Kilometer fliegst du dem Sonnenaufgang entgegen. Dein Haar weht im Wind, Schweißperlen bilden sich auf deiner Stirn und ein Lächeln auf deinen Lippen. Plötzlich ist es da: dieses wunderbare Kribbeln, dieses Gefühl von „Ich könnte Bäume ausreißen!“. Das Runner’s High, von dem alle sprechen. Ein unbeschreibliches Hochgefühl, das jede*r anders empfindet und das bei jedem*jeder zu einem anderen Zeitpunkt eintritt.

Dem sagenumwobenen Runner’s High jagen viele Laufanfänger*innen hinter- her. Die ultimative Endorphinausschüttung, die deine Venen zum Beben bringt. Kann ja nicht so schwer sein, diesen Zustand zu erreichen, oder? Schließlich scheint heutzutage jede*r zu laufen. Egal, ob auf den Geh wegen der Städte, in den Parks oder in den Wäldern. Laufen ist angesagt.

Die Enttäuschung kommt dann aber meist schnell. Der Weg zu diesem besonderen Zustand kann langwierig sein. Viele Läufer*innen erleben solch einen Moment nur selten, wenn nicht sogar nur einmal. Oft ist es die Belohnung beim Wettkampf für wochenlanges, strapaziöses Training. Eine Welle des Glücks überrollt dich dann. Kein Wunder, dass viele Läufer*innen nach Wettkämpen übers ganze Gesicht strahlen, obwohl sie gerade einen Marathon absolviert haben und nur noch humpelnd vorwärtskommen. In diesem Moment ist alles egal. Da zählen nur noch du, deine Leistung und die Tatsache: Du hast es geschafft!

 

Ein Runner’s High im Training kommt jedoch leider eher selten vor. Dafür gibt es aber diese vielen kleinen Momente, wie etwa einen wunderbaren Lauf im Morgennebel, die das Joggen so einzigartig machen. Warum wir dir das sagen können? Seit einigen Jahren laufen wir selbst. Wir haben den mühsamen Einstieg irgendwann geschafft und uns beide nach und nach bis zum Halbmarathon hochtrainiert. Diese Entwicklung ging uns nicht leicht von der Hand. Es waren viele Zwiegespräch mit unseren inneren Schweinehunden dabei, viele Tage an denen wir uns selbst in den Hintern treten mussten, um loszulaufen oder uns alternativ einer anderen Sportart zu widmen. Aber mit den ersten Erfolgen kam der Stolz. Der Stolz auf uns selbst, dass wir endlich regelmäßig liefen. Von eher unsportlich bis hin zu Läuferinnen, die an Wettkämpfen teilnehmen. Laufen begann uns zu erfüllen.

Die häufigste Frage, die uns dabei gestellt wird, ist: Wie schafft ihr es, euch immer wieder zum Laufen zu motivieren?

Ehrlich gesagt, ist das kein großes Geheimnis, und die Antwort mag für manche etwas ernüchternd sein: Mit Durchhaltevermögen und Willensstärke. „Na prima“, denkst du jetzt, „das hilft mir nicht wirklich weiter …“ Klar, du möchtest auch diesen tollen Moment beim Laufen erleben bzw. überhaupt erst einmal etwas Positives im Laufen finden und damit starten. Vermutlich wirst du dich im Laufe deines Trainings auch fragen: „Wer steht denn bitte so früh auf, um laufen zu gehen, und lächelt dabei noch?“ – Hier, wir! Natürlich nicht jeden Tag, aber wenn wir mitten im Wettkampftraining sind, dann kommen solch frühmorgendliche Läufe, bei denen einfach alles glatt läuft, schon mal vor.

Bleiben wir bei der Motivation. Wenn du dir ein Ziel – wie regelmäßiges Joggen – steckst, dann solltest du zunächst für dich definieren, warum du überhaupt  anfangen möchtest. Bleiben wir beim Beispiel vom Laufen. Gründe wie „gesund und fit sein“ oder auch „abnehmen“ sind natürlich tolle Argumente für mehr Bewegung. Aber ganz ehrlich: Die werden dich früh morgens nicht aus dem warmen Bett holen.

Versuche also deine Herzenssache beim Laufen herauszufinden. Dafür solltest du dir ruhig Zeit nehmen, einen Zettel und einen Stift rauskramen – und vielleicht auch eine Tasse Tee. Überlege dir genau, warum du tatsächlich mit dem Laufen anfangen möchtest. Welcher eigentliche Grund steckt hinter deinem Laufvorhaben, wenn du in dich hineinhorchst und ganz ehrlich zu dir bist? Versuche eine Vorstellung von dir zu entwickeln. Stelle dir beispielsweise  dein en perfekten Laufmoment vor.

Auf der Suche danach helfen dir die folgenden Fragen, die du für dich beantworten solltest:

  • Warum möchtest du speziell mit dem Laufen anfangen?
  • Was reizt dich daran?
  • Warum sind deine genannten Gründe so wichtig für dich?
  • Was steckt wirklich dahinter?

Vielleicht denkst du dir jetzt: „Ich wollte hier eigentlich die perfekte Anleitung zum Laufen lernen lesen … und jetzt soll ich mich mit Papier und Stift hinsetzen?“ – Ja, das sollst du! Denn deine Antworten sind absolut unerlässlich für deine Motivation. Sei ehrlich zu dir, und versuche die Punkte, die dich bewegen, herunterzuschreiben. Wenn du dir die Zeit nimmst, deine wahre Motivation zu ergründen, wirst du diese Gründe viel tiefer verinnerlichen als ein bloßes „Ich will abnehmen!“. Ganz wichtig dafür: Schieb es nicht auf! Leg direkt los, wenn du diesen Text hier zu Ende gelesen hast.

Der erste Schritt ist mit dem Benennen deiner Gründe getan. Aber natürlich  gibt’s noch jede Menge weitere Strategietipps, um deinen inneren Schweinehund zu besiegen. Das, was uns letztlich immer wieder abhält, sind schließlich unsere eigenen unzähligen und allen voran sehr kreativen Ausreden von „Keine Zeit!“ über „Falsche Laufschuhe!“ bis hin zu „Ich mache mich doch völlig zum Affen …“ Aber hey, du hast dir ein Vorhaben in den Kopf gesetzt, also geh es an. Manchmal hilft es, einfach loszulegen. Nicht lange überlegen, sondern einfach den ersten Schritt vor die Haustür setzen.

Mach dich locker und versuche am Anfang, das große Ziel, das du dir setzt, auf kleine, erreichbarere aufzuteilen. Dein großer Traum kann gerne ein Marathon sein. Sei dir aber gewiss, dass du dafür ein paar Laufjahre hinter dir und ausreichend Erfahrung haben solltest. Wie wäre es erst mal mit fünf Kilometern? Hört sich machbar an, oder? Gehe dieses Ziel schrittweise an und beginne mit deinem allerersten Lauf. Starte mit einem Kilometer. Jogge entspannt los und beobachte, wie es dir geht und was die Bewegung mit dir macht. Wenn du völlig ausgepowert nach zehn Minuten wieder vor der Haustür stehst, ist das total okay. Schließlich war das dein erster Trainingslauf! Glückwunsch dazu! Vom ersten Runner’s High bist du zwar noch etwas entfernt, aber spüre dieser kleinen Welle des Stolzes in dir nach. Denn du hast den ersten Schritt gemacht: Du bist losgelaufen! Jetzt heißt es dranbleiben und bei jedem nächsten Mal ein klein wenig weiter laufen.

Strategie-Tipp Nummer eins lautet also: Bleib dran und lass dich nicht beirren! Unser zweiter Tipp klingt banal, ist aber nicht minder wichtig: Lass es langsam angehen! Nummer drei: Setze dir realistische Ziele und last but not least: Halte deine Erfolge fest. Denn nur, wenn du siehst, wie du dich entwickelst und was du im Laufe der Zeit erreicht hast, kannst du auch deinem inneren Schweinehund den Stinkefinger zeigen. Ein Trainingsplan, den du dir gut sichtbar zu Hause aufhängst, kann eine große Hilfe sein.

Zum einen siehst du klar die nächsten Steps, zum anderen kannst du deine Entwicklung verfolgen.

Diese Tipps kannst du natürlich auch auf andere Sportarten und Lebensbereiche übertragen. Das ist das Schöne am Laufen. Es macht dich nicht nur körperlich fit, sondern auch mental. Allerdings ist dies ein weiteres, großes Thema, denn letztlich ist Laufen Kopfsache. Mit den richtigen Gründen und dem Formulieren deiner Intention wird es dir sehr viel leichter fallen, die Laufschuhe zu schnüren. Tu diesen Tipp nicht leichtfertig ab, nimm dir ruhig die Zeit dafür. Und wir versprechen dir dass nach den ersten Trainingswochen der Tag kommen wird, an dem dein Training auf einmal leichtfüßig und beschwingt läuft. Ein Lauf, bei dem alles klappt und diese kleine, große Glückswoge in dir aufschwappt und du das Gefühl hast, du könntest Bäume ausreißen und die ganze Welt umarmen.

Dafür laufen wir.

 

Über die Autorinnen

Mandy Jochmann und Carina Stöwe laufen immer und überall in der Welt. Von ihren sportlichen Reisen berichten sie auf ihren beiden Blogs Go Girl! Run! (gogirlrun.de) und TRAVEL RUN PLAY (travelrunplay.de).

Wenn sie nicht gerade unterwegs ist, lebt und arbeitet Mandy als selbstständige Kommunikationsdesignerin in Berlin, während Carina als Filmemacherin ortsunabhängig lebt.

Mehr hilfreiche Tipps, um mit dem Laufen zu beginnen, findest du in ihrem ersten Buch „GET READY TO RUN – Laufen für Anfänger“ (getreadytorun.de).

Über die Autorinnen Mandy Jochmann und Carina Stöwe Gastautorinnen bei Ein gutes Ziel

 

 


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